Retraction Watch zu Identitätsdiebstahl und gefälschter Autorschaft

a computer tower with a blue background

Auf dem Blog Retraction Watch ist kürzlich ein Beitrag über den Fall eines Identitätsdiebstahls erschienen, in dem ein Wissenschaftler einen komplett fabrizierten Artikel fand, der in seinem Namen publiziert wurde.

Der betroffene Wissenschaftler hatte umgehend diverse Stellen informiert, zumal er herausfand, dass es sich bei dem Artikel um ein Plagiat handelt. Er wandte sich auch an den Ombudsman für die Wissenschaft, weshalb wir seitens der Geschäftsstelle recherchierten, wie der Artikel zustande gekommen sein könnte und wie man dagegen vorgehen kann. Mit dem Einverständnis des Wissenschaftlers berichtet Retraction Watch in diesem Post über seinen Fall: ‘Perplexed’ author’s identity forged on plagiarized paper in ‘probably fake’ journal.

Der Artikel erschien in einem Journal des Hilaris-Verlags, der unter Verdacht steht, mit seinen Journalen keinen seriösen Peer Review zu betreiben und diverse Raubjournale (sogenannte Predatory Journals) zu führen. Das sind Journale, in denen man gegen Bezahlung eine schnelle Publikation seines Artikels garantiert bekommt, eine Garantie, die nur aufgrund des Verzichts auf Peer Review gegeben werden kann. Darüber, wie man Raubjournale erkennen kann, informiert das Projekt „Think Check Submit“.

Schon zuvor gab es ähnliche Fälle von Identitätsdiebstahl in der Wissenschaft, wie etwa auch in diesem Artikel von Retraction Watch beschrieben wird: A professor found her name on an article she didn’t write. Then it got worse.

Problematisch ist, dass diese Fälle vermutlich oft erst einmal unerkannt bleiben, denn die betroffenen Wissenschaftler:innen rechnen nicht damit, dass in ihrem Namen Artikel in „irgendwelchen“ Journalen erscheinen. Seit dem Aufkommen sogenannter Paper Mills, bei denen man fabrizierte Artikel in eigener Autorschaft online kaufen kann, muss aber leider jede:r damit rechnen, dass der eigene Name auf einem falschen Paper erscheint: Paper Mills mischen die Namen „echter“ Wissenschaftler:innen ohne deren Wissen unter die Fälschung, um dem Artikel einen seriösen Anstrich zu geben.

In dem konkreten Fall ist rätselhaft, wer den fabrizierten Artikel erstellt hat, denn er erschien nur im Namen eines einzigen Autors – es kann also kein anderer Autor etwa bei einer Paper Mill einen Artikel bestellt haben, um sich damit zu schmücken – im Übrigen ein eklatantes wissenschaftliches Fehlverhalten, das strengstens sanktioniert gehört. Man könnte vermuten, dass der Verlag selbst eine Rolle gespielt haben könnte. Auf der Website des Hilaris-Verlags, der seinen Sitz in Indien hat, findet man eine Post Box in Belgien. Wir kontaktieren Bert Seghers, Leiter der Geschäftsstelle der Flemish Commission for Scientific Integrity (VCWI) mit Sitz in Brüssel. Bert Seghers nahm Kontakt zur Polizei in Brüssel auf, die ihn informierte, dass man die Hinweise auf eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte aufgrund der in Belgien angegebenen Verlagsadresse durchaus anzeigen könnte, dafür aber persönlich nach Brüssel reisen müsste.

Wichtig ist, dass alle Hinweise umgehend dokumentiert werden (Screenshots, E-Mails des Verlags speichern, die Webseiten und Artikel als PDF speichern bzw. sie im Internet Archive sichern, bevor sie offline genommen werden).

Der Artikel wurde umgehend vom Verlag zurückgezogen und von der Website entfernt, aber kann noch über Google gefunden und heruntergeladen werden. Retraction Watch hat eine Datenbank, der Retractions gemeldet werden können. Der betroffene Artikel wurde unter der Kategorie „forged authorship“ in die Datenbank aufgenommen. Dies stellt gleichzeitig einen Nachweis für die betroffenen Wissenschaftler:innen dar, dass sie die fabrizierten und plagiierten Artikel nicht selbst erstellt haben.

Photo via Unsplash by GuerrillaBuzz