Im Kapitel „Kooperationen und Gewährung von Datenzugang“ ging der Ombudsman im Jahresbericht 2016 der Frage nach, welche Ursachen den Konflikte zugrunde liegen können, die im Zusammenhang mit der Nutzung wissenschaftlicher Daten in Kooperationsprojekten auftreten können – und welche Präventionsmöglichkeiten die Kooperationspartner haben.
Auch in 2016 wurden dem Ombudsman mehrere Fälle geschildert, in denen Wissenschaftler(innen) nach dem Verlassen einer Institution eine (zum Teil massive) Forschungsbehinderung erfuhren und Forschungsprojekte nicht abschließen bzw. publizieren konnten, da ihnen der Zugang zu den am vorherigen Institut generierten oder bearbeiteten Daten verwehrt wurde. In anderen Angelegenheiten sahen sich Wissenschaftler(innen) des Vorwurfs eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens ausgesetzt, da sie Daten publizierten, welche sie zuvor im Rahmen von (Drittmittel)-Projekten an einer anderen Forschungseinrichtung generiert hatten. Die Hinweisgeber berichteten zumeist, sie seien überrascht von der Entwicklung, da sich die Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der vorherigen Institution zuvor sehr eng und kollegial gestaltet habe.
„Bei Primärdaten ist zwischen deren Nutzung und deren Aufbewahrung zu unterscheiden. Die Nutzung steht insbesondere dem/den Forscher(n) zu, die sie erheben. […] Sind an dem Vorgang der Datenerhebung mehrere Institutionen beteiligt, empfiehlt sich, die Frage vertraglich zu regeln.“
DFG-Denkschrift zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
Angesichts der Tatsache, dass der Wechsel von Forschungseinrichtungen gerade für Nachwuchswissenschaftler(innen) eher die Regel als die Ausnahme darstellt, empfiehlt der Ombudsman, wie auch die DFG, Regeln zur Nutzung der an einem Institut genierten Primärdaten bestenfalls bereits zu Beginn der Arbeit an einem Projekt schriftlich festzuhalten. Die DFG-Denkschrift empfiehlt „klare Regeln über […] die Aufbewahrung sowie den Zugang zu den Originaldaten und Datenträgern […]. Es empfiehlt sich, dass derartige Regeln auch Vorkehrungen bei einem Wechsel des für die Entstehung der Daten verantwortlichen Arbeitsgruppenmitglieds beinhalten. In der Regel verbleiben die Originaldaten und -unterlagen am Entstehungsort; es können aber Duplikate angefertigt oder Zugangsrechte bestimmt werden.“ (Empfehlung 7 „Sicherung und Aufbewahrung von Primärdaten“). Weiterhin heißt es in Empfehlung 7: „Bei Primärdaten ist zwischen deren Nutzung und deren Aufbewahrung zu unterscheiden. Die Nutzung steht insbesondere dem/den Forscher(n) zu, die sie erheben. […] Sind an dem Vorgang der Datenerhebung mehrere Institutionen beteiligt, empfiehlt sich, die Frage vertraglich zu regeln.“
Die Tatsache, dass die meisten Wissenschaftler(innen) auf das Aufsetzen eines Vertrages zur Regelung von zukünftigen Datennutzungsrechten verzichten, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit darin begründet, dass die Bitte um einen solchen Vertrag aufgrund der kollegialen Zusammenarbeit mit der Institution und der zu Beginn meist freundlichen Arbeitsatmosphäre von den betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern regelrecht als anmaßend empfunden werden kann. Im Sinne der Vorbeugung und der guten wissenschaftlichen Praxis empfiehlt der Ombudsman jedoch allen Wissenschaftler(innen), das Abschließen von Kooperations- und Datennutzungsverträgen als Standardprozedere zu betrachten, nicht zuletzt zur Absicherung der eigenen intellektuellen und wissenschaftlichen Leistung. Insbesondere institutseigene Richtlinien sollten (ggf. unter Kontaktierung des Datenschutzbeauftragten und des Justiziariats der Einrichtung) geprüft werden, sobald absehbar ist, dass Wissenschaftler(innen) die von ihnen erhobenen Primärdaten zukünftig im Rahmen einer Tätigkeit an einer anderen Institution zu Forschungszwecken verwenden möchten. Gemäß Empfehlung 7 der DFG-Denkschrift sollte den Personen, welche einen Datensatz erhoben haben, auch nach dem Umzug an eine neue Einrichtung weiterhin (erleichterter) Zugang zu diesen Daten eingeräumt bzw. gewährt werden. Auch ist es ratsam, dass drittmitteleinwerbende Institutionen sich damit auseinandersetzen, ob die von ihnen aufgestellten Richtlinien zur „Datennutzung in Kooperationen“ mit den Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis konform gehen.
Das Global Science Forum der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) hat 2009 einen Report [1] mit Empfehlungen zur Sicherung wissenschaftlicher Integrität bei internationalen Kooperationen publiziert. Die Lektüre des Berichts empfiehlt sich insbesondere in Hinsicht auf die Prävention von Konfliktsituationen, da Aufmerksamkeit hinsichtlich der Verantwortlichkeiten sowie bezüglich nationaler Richtlinien und Gesetze geschaffen wird.
[1] OECD (2009): Investigating Research Misconduct Allegations in International Collaborative Research Projects: a Practical Guide
(Dieser Beitrag ist ein Schwerpunktkapitel des Jahresberichts 2016 des Ombudsman für die Wissenschaft, publiziert am 13.07.2017.)
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