Die Bedeutung und der Schutz von Whistleblowern in der Wissenschaft

In diesem Kapitel ging der Ombudsman im Jahresbericht 2017 auf die Frage ein, wie funktionierender Whistleblower-Schutz mit fairem Umgang von mit Fehlverhalten beschuldigten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vereinbart werden kann.

Etwa jede zehnte Anfrage wurde 2017 an den Ombudsman für die Wissenschaft gestellt, ohne dass die Anfragenden ihre Namen preisgaben. Fast alle anonymen Anfragen konnten in einer Beratung beantwortet werden. In drei Fällen wurden die Hinweise gemeinsam mit den eingereichten Belegen an die für die Untersuchung zuständige Institution weitergeleitet, da der Verdacht auf ein nicht-korrigierbares (= schweres) wissen­schaftliches Fehlverhalten nachvollziehbar dargelegt wurde. Da das Ombudsgremium regelmäßig mit der Frage konfrontiert ist, wie in hochindividuellen Situationen mit Anfragen – insbesondere, wenn sie anonym gestellt werden – umzugehen ist, beteiligt sich der Ombudsman aktiv und kontinuierlich an der Debatte zur Bedeutung und zum fairen Umgang mit Whistleblowern [1].

„Auch in der Wissenschaft drohen Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern, die auf Unregelmäßig­keiten und Fehlverhalten am Arbeitsplatz aufmerksam machen, Repressalien, wie etwa Mobbing, keine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags oder sogar die Kündigung“

[3]

Der Begriff „Whistleblower“ bezeichnet klassischerweise Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber in der Privat­wirtschaft [2], doch er trifft auch auf Betroffene in der Wissenschaft zu: auch in der Wissenschaft drohen Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern, die auf Unregelmäßig­keiten und Fehlverhalten am Arbeitsplatz aufmerksam machen, Repressalien, wie etwa Mobbing, keine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags oder sogar die Kündigung [3]. Das Thema ist dabei untrennbar verbunden mit der Frage, wie neben dem Schutz der Whistleblower auch der faire Umgang mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gewährleistet werden kann, die des Fehlverhaltens beschuldigt werden. Die DFG-Denkschrift gibt hierfür in Empfehlung 17 („Hinweisgeber (sog. Whistleblower)“) klare Richtlinien vor. Aus aktuellem Anlass gibt es in der DFG eine lebhafte Diskussion über die Grenzen des legitimen Whistleblowings [4]. Das Ombudsgremium als zwar von der DFG errichtete, aber außerhalb der DFG arbeitende und an deren internen Verfahren nicht beteiligte Institution verfolgt diese DFG-interne Diskussion aufmerksam und wirbt für eine differenzierte Lösung, die Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber schützt, ohne die von Vorwürfen Betroffenen schutzlos zu stellen.

Neben ehrlichen Whistleblowern, die in gutem Glauben auf fragwürdige Geschehnisse hinweisen, die ihres Erachtens einen Verstoß gegen die Regeln der GWP oder der Forschungsethik darstellen, gibt es leider auch Personen, die falsche Anschuldigungen formulieren, um die Reputation einer bzw. eines anderen zu beschädigen. Für solche Falschbeschuldigungen kann es unterschiedliche Gründe geben. [5] Die Interessen, die Hinweisgeber/innen verfolgen, sind divers. [6] Einigkeit dürfte darüber bestehen, dass der Vertraulichkeit beim Umgang mit Hinweisen auf ein mutmaßliches wissenschaftliches Fehlverhalten höchste Priorität einzuräumen ist. Wie die Liste [7] der weit über 500 Ombudspersonen in Deutschland zeigt, gibt es mittlerweile eine Vielzahl möglicher Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, an die man sich im Verdachtsfall mit der Bitte um eine Beratung wenden kann. Einen Überblick darüber, wer die richtige Ansprechperson bzw. die zuständige Instanz für mein Anliegen sein könnte, gibt auch der DFG-Verfahrens­leitfaden zur GWP [8]. Funktionierende Schutz- und Verfahrensstrukturen innerhalb einer Institution zu organisieren und das Whistleblowing als Mittel zur Qualitätssicherung zu verstehen, ist dabei die Aufgabe der Leitungsebene.

(Dieser Beitrag ist ein Schwerpunktkapitel des Jahresberichts 2017 des Ombudsman für die Wissenschaft, publiziert am 24.09.2018.)

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[1] siehe Jahresbericht 2016, Kapitel „Beobachtungen und Perspektiven des Ombudsman: Zum Umgang mit anonymen Whistleblowern

[2] Definition „Whistleblower“ siehe OECD-Bericht „Committing to effective whistleblower protection“ (2016)

[3] vgl. Schulz, C. N.: Whistleblowing in der Wissenschaft. Rechtliche Aspekte im Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten. Interdisziplinäre Schriften zur Wissenschaftsforschung Band 4, Nomos 2008.

[4] vgl. Dzwonnek, D.: Zum Schutze aller – im Interesse aller!, in forschung (2017), Nr. 4/2017, S. 2-4

[5] Hendrix, S.: What to do when you are falsely accused of scientific fraud?, Blogpost (2014);

https://www.smartsciencecareer.com/falsely-accused/

[6] C. K. Gunsalus: How to blow the whistle and still have a career afterwards, in Science and Engineering Ethics (1998) Volume 4, Issue 1, 51-68

[7] Liste der lokalen Ombudspersonen in Deutschland auf der Website des Ombudsman für die Wissenschaft

[8] Verfahrensleitfaden zur guten wissenschaftlichen Praxis der Deutschen Forschungsgemeinschaft